Analyse der Signalintegrität von Hochgeschwindigkeitsschnittstellen im Bereich Datenkommunikation

Die Analyse von Hochgeschwindigkeitsschnittstellen für Datenkommunikation ist eine wichtige Aufgabe und sichert die Signalintegrität. Eine wesentliche Herausforderung bei dieser Analyse ist die Verbindung zwischen der physikalischen Schnittstelle und dem Oszilloskop, da die meisten Datenkommunikationsschnittstellen keine für HF geeigneten Testanschlüsse zur Verfügung stellen. Zwischen der Hochgeschwindigkeits-Datenkommunikationsschnittstelle und dem HF-Anschluss am Oszilloskop ist eine Messaufnahme als Brücke erforderlich. Allerdings wird dadurch die Messung der Signalintegrität beeinflusst. Die R&S®RTP und R&S®RTO2000 Oszilloskope mit der Option „Erweiterte Jitteranalyse“ können diese Jitter-Beiträge analysieren und separieren. Zusätzlich lässt sich mit der Option der Effekt von Messaufnahmen und Leiterbahnen an sich evaluieren, wodurch der Anwender ein Verständnis über den Einfluss seines Messaufbaus gewinnt.

Ihre Anforderung

Sie müssen Hochgeschwindigkeits-Datenkommunikationsschnittstellen wie PCIe, USB, SATA oder HDMI™ charakterisieren. Signalintegrität spielt eine wichtige Rolle in dieser Charakterisierung. Eine wesentliche Herausforderung besteht darin, das Messobjekt ordnungsgemäß an die Messtechnik anzuschließen, beispielsweise an ein Oszilloskop, einen Spektrumanalysator oder einen Vektornetzwerkanalysator. Üblicherweise wurden diese Schnittstellen für Produkte aus dem Consumer-Bereich entwickelt und besitzen billige, handelsübliche Stecker mit undefinierten HF-Eigenschaften – im Gegensatz beispielsweise zu einem SMA-Stecker. Zwischen den Schnittstellen und der Messtechnik ist eine Messaufnahme als Brücke erforderlich. Allerdings beeinflussen diese Messaufnahmen die Messung. Diese Tatsache darf nicht vernachlässigt werden. Deembedding-Verfahren könnten eine Option sein, jedoch ist die Charakterisierung dieser Messaufnahmen anspruchsvoll.

Lösung von Rohde & Schwarz

Die R&S®RTP und R&S®RTO2000 Oszilloskope unterstützen eine tiefgehende Analyse der Signalintegrität. Die Jitteranalyse liefert eine Aufschlüsselung der wichtigsten Parameter. Mit Ausnahme der Bitfehlerrate (BER) lassen sich sämtliche Parameter im Zeitbereich als Messkurve, im Frequenzbereich als Spektrum und statistisch als Histogramm betrachten.

Zusätzlich kommen mit der Option R&S®RTP-K133/RTO-K133 erweiterte Jitteranalyse zwei neue Funktionalitäten hinzu, die in Bezug auf die Analyse über diese wohlbekannten Jitterparameter hinausgehen:

  • Synthetisches Augendiagramm: der Anwender kann den Einfluss bestimmter Jitterparameter auf das Datenauge untersuchen
  • Intrinsische Messung der Sprungantwort des Übertragungskanals: umfasst die datenunabhängigen Eigenschaften des Messobjekts, der Messaufnahme und der Verkabelung

Die Sprungantwort ist wichtig, da sie den Einfluss der Messaufnahme auf die Analyse der Signalintegrität widerspiegelt. Der Anwender kann zahlreiche Messungen auf Basis der Sprungantwort durchführen, um die Auswirkungen der Messaufnahme auf die Analyse zu verstehen.

Abb. 1: Differenzielles Augendiagramm einer PRBS31 mit großer ISI.
Abb. 1: Differenzielles Augendiagramm einer PRBS31 mit großer ISI.
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Anwendung

Beispielsweise beschreibt diese Application Card die Analyse eines Differenzsignals (8,125 Gbps, PRBS31), das mit einem Bitfehlerraten-Test (BERT) mit Spread Spectrum Clocking (SSC) ohne zusätzlichen Jitter erzeugt wurde. Das Signal breitet sich über eine lange Leiterbahn auf einer PCIe-Gen4-ISI-Platine (PCIe-VAR-ISI) aus. Die durch die Platine verursachte Intersymbolinterferenz (ISI) trug maßgeblich zum Jitter bei. Wie abschließend gezeigt, ermöglicht dieser spezielle Messaufbau die Verifizierung der Sprungantwort mit einem Vektornetzwerkanalysator (VNA).

Es ist wichtig, den Jitter auf die gleiche Art und Weise zu analysieren, wie der Empfänger Daten empfangen und takten würde. Aus diesem Grund erfasst das Oszilloskop die differenziellen Senderdaten und nutzt eine Hardware-Taktdatenrückgewinnung (CDR), um auf das Datensignal zu triggern (siehe Abb. 1). Beachten Sie die hohe Aktualisierungsrate (122.000 Messkurven/s) des R&S®RTP High-Performance-Oszilloskops.

Bereits vor der Analyse sollte die Aufzeichnungszeit auf einen Wert eingestellt werden, der die für die periodische Jitteranalyse erforderliche minimale Frequenzauflösung berücksichtigt. Um eine Auflösung bis minimal 40 kHz, die im Bereich von Schaltnetzteilen (SMPS) liegt, und eine Abtastrate von 40 Gsample/s zu erreichen, wird die Aufzeichnungsdauer auf 2 Msample (= 2 × (Abtastrate) / (SMPS-Schaltfrequenz)) und folglich die Aufzeichnungszeit auf 50 μs gesetzt.

Der Algorithmus zur Jitter-Separation analysiert den differenziellen Kanal als ein Non-Return-to-Zero-Signal (NRZ). Die erforderliche Taktdatenrückgewinnung wird mit einer Phasenregelschleife (PLL) zweiter Ordnung mit einer Bandbreite von 16 MHz konfiguriert.

Abb. 2: Ergebnisse für das TJ- und RJ-Spektrum einschließlich einer Liste von periodischen Komponenten, TJ/RJ/PJ/DDJ-Histogrammen und der gemessenen und berechneten Badewannenkurve.
Abb. 2: Ergebnisse für das TJ- und RJ-Spektrum einschließlich einer Liste von periodischen Komponenten, TJ/RJ/PJ/DDJ-Histogrammen und der gemessenen und berechneten Badewannenkurve.
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Die Jitter-Separation in Abb. 2 zeigt die Ergebnisse in einer Tabelle und die Statistikdaten als Histogramme (Gesamt-Jitter TJ, zufälliger Jitter RJ, periodischer Jitter PJ, datenabhängiger Jitter DDJ1)). Erwartungsgemäß dominiert der DDJ. Die Badewannenkurve der BER zeigt eine gute Übereinstimmung zwischen der gemessenen und der berechneten BER. Das Neuartige an dieser Separation ist die geschätzte Sprungantwort, die in der Mitte von Abb. 2 dargestellt ist. Die Sprungantwort ist das Ergebnis eines idealen Sprungs, der auf die Übertragungsfunktion des Kanals angewendet wird. Eine nicht kalibrierte Messaufnahme wäre schon an sich Teil dieser Schätzung.

1 TJ: Gesamt-Jitter, RJ: zufälliger Jitter, PJ: periodischer Jitter, DDJ: datenabhängiger Jitter.

Der Anwender verfügt über die Option, die Länge der Sprungantwort in der Schätzung zu konfigurieren; in diesem Fall wird sie auf 75 UI (Einheitsintervalle) gesetzt. Die Einstellung der Sprungantwortlänge orientiert sich an drei Prinzipien:

  • Je länger die konfigurierte Sprungantwortlänge ist, desto länger ist die Rechenzeit.
  • Die Sprungantwortlänge sollte länger als der Kanalspeicher sein. Eine lange Sprungantwort ist vorteilhaft, um diese zu detailliert zu analysieren.
  • Die Lauflänge des Musters sollte länger sein als die Sprungantwortlänge.

Der Anwender kann die Sprungantwort mit vertrauten Werkzeugen wie einem Cursor und automatisierten Messungen analysieren. In diesem Beispiel wird die Anstiegszeit über einen Cursor gemessen. Mit der Messung der Anstiegszeit tr kann der Anwender die Bandbreite fB des Kanals mithilfe der Näherung fB = 0,35 ⁄ tr abschätzen, die für einen einpoligen Tiefpassfilter gilt.

Aus diesem Grund ist eine detaillierte Analyse im Frequenzbereich von Interesse. Merkmale wie Überschwinger, Droop sowie Vor- und Nachschwinger der Übertragungsfunktion sind auch im Frequenzbereich sichtbar.

Abb. 3: Sprungantwort des Messobjekts samt Messaufnahme und die Transformationen für Betrag und Phase
Abb. 3: Sprungantwort des Messobjekts samt Messaufnahme und die Transformationen für Betrag und Phase
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Zusätzlich zu den Histogrammen und der geschätzten Sprungantwort zeigt Abb. 3 die zugehörige Übertragungsfunktion der Sprungantwort im Frequenzbereich anhand von Betrag (siehe Marker M1) und Phase (siehe Marker M2). Um die Übertragungsfunktion im Frequenzbereich auf Basis der Sprungantwort zu berechnen, bietet das Math-Menü einen Satz an Funktionen [1]:

  • Step2FreqRespNormMag(<channel>,<points>)
  • Step2FreqRespNormPhi(<channel>,<points>,<delay>)

Wie erwartet zeigt der Betrag eine frequenzabhängige Dämpfung, die hauptsächlich durch dielektrische Verluste verursacht wird. Der Skin-Effekt ist eher marginal. Die Phase zeigt die Streuung der Messkurve. Aufgrund der begrenzten Kanalbandbreite ist bei beiden Messkurven jeder Wert oberhalb 16 GHz als Rauschen zu interpretieren. Bei 8,125 GHz existiert ein durch die Datenrate verursachtes Artefakt.

[1] A. M. Nicolson, „Forming the fast Fourier transform of a step response in time-domain metrology,“ Electronic Letters, Band 9, Ausgabe 14, S. 317, 1973.

Abb. 4: Vergleich von S21, gemessen mit dem VNA, mit der geschätzten Übertragungsfunktion des Oszilloskops
Abb. 4: Vergleich von S21, gemessen mit dem VNA, mit der geschätzten Übertragungsfunktion des Oszilloskops
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Diese Messung wurde mit einer VNA-Messung verglichen. Da die PCIe-Gen4-ISI-Platine Intersymbolinterferenzen mit sich bringt, wurde die zugehörige Leiterbahn gemessen (differenziell) und die Übertragungsfunktion sowie die Streuparameter differenziell/differenziell (S21 DD) im Frequenzbereich verglichen (siehe Abb. 4).

Beide Messungen zeigen im Band von 0 Hz bis 16 GHz eine gute Übereinstimmung. Der Betrag weicht weniger als 1 dB und die Phase weniger als 5° ab.

Fazit

Die R&S®RTP und R&S®RTO2000 Oszilloskope analysieren digitale Hochgeschwindigkeitssignale in Bezug auf die Signalintegrität. Die Oszilloskope messen die wohlbekannten Jitter-Komponenten wie TJ, RJ, PJ und DDJ äußerst exakt. Zudem analysieren die Oszilloskope schon an sich die Übertragungsfunktion, die datenabhängigen Jitter (DDJ) verursacht. Eine separate Charakterisierung einzelner Komponenten des Übertragungswegs ist aufgrund der Zugänglichkeit eine Herausforderung, darüber hinaus ist die Ausgangsimpedanz des Signaltreibers über die Frequenz üblicherweise nicht bekannt. Somit ist die inhärente Messung der Übertragungsfunktion ein Schlüsselfaktor, um die Quellen von DDJ zu verstehen.

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