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Smith-Diagramme verstehen

Autor: Paul Denisowski, Product Management Engineer

Das Smith-Diagramm ist ein unverzichtbares Werkzeug in der Hochfrequenz-(HF)-Technik und im Schaltungsdesign. Das nach seinem Erfinder Phillip Hagar Smith benannte Smith-Diagramm wurde im Januar 1939 erstmals in der Zeitschrift Electronics präsentiert. Später veröffentlichte Smith ein ausführliches Buch, das auf 200 Seiten die zahlreichen Anwendungsmöglichkeiten des Diagramms beschreibt. Das Smith-Diagramm war ursprünglich dafür gedacht, mathematische Berechnungen zu vereinfachen und die graphische Problemlösung mit Hilfe von Zirkel, Lineal und Bleistift zu ermöglichen. Zur Visualisierung komplexer Impedanzen, insbesondere als Funktion der Frequenz, ist es jedoch auch heute noch relevant. Es wird häufig zur Abstimmung und Verifizierung der Impedanzanpassung eingesetzt.

Grundlagen des Smith-Diagramms

Das Smith-Diagramm wird vorwiegend bei Eintor-Messungen eingesetzt, insbesondere zur Visualisierung von Reflexionskoeffizienten. Es stellt die Lastimpedanz ZL im Verhältnis zur Quellenimpedanz Z0 dar. Komplexe Impedanzwerte können als einzelne Punkte oder als Linien aufgetragen werden, die die Impedanz über einen Frequenzbereich darstellen.

In kartesischen Koordinaten wird die komplexe Impedanz durch ihren Wirkwiderstand (R) und ihren Blindwiderstand (X) dargestellt. Wegen des prinzipiell unendlichen Wertebereichs der Impedanz und des Widerstands erweist sich die herkömmliche kartesische Darstellung als unpraktisch. Das Smith-Diagramm löst dieses Problem, indem es die rechte Hälfte der kartesischen Koordinatenebene krümmt, sodass die positive und negative Achse des Blindwiderstands in einem Bogen wieder auf die Wirkwiderstandsachse treffen. Im so gebildeten Kreisdiagramm entspricht die obere Hälfte dem induktiven Bereich und die untere Hälfte dem kapazitiven Bereich; die reelle Achse oder Wirkwiderstandsachse – wo die Impedanz nur einen ohmschen Anteil aufweist – trennt die beiden.

Kartesische Koordinaten und Smith-Diagramm

Impedanzanpassung mit dem Smith-Diagramm

Betrachten wir zunächst den Mittelpunkt des Smith-Diagramms, auch als Zentrum bezeichnet. Dieser Punkt entspricht Z0. In den meisten HF-Systemen ist Z0 eine rein ohmsche Last von 50 Ω. Das Smith-Diagramm normalisiert diese Quellenimpedanz auf 1. Mit anderen Worten entspricht die mit 1,0 gekennzeichnete Diagrammmitte einer Last von 50 Ω ohne induktive oder kapazitive Anteile. Der Wert 2,0 auf der Wirkwiderstandsachse entspricht demzufolge einem Wirkwiderstand von 100 Ohm (2 x 50), 0,4 entspricht 20 Ohm (0,4 x 50) und so weiter. Alle Werte im Smith-Diagramm sind auf diese Weise normalisiert, sodass es für Systeme mit unterschiedlichen Impedanzen, beispielsweise 75 oder 60 Ohm, verwendet werden kann.

Zentrum des Smith-Diagramms

Für eine optimale Leistungsübertragung und zur Minimierung der reflektierten Leistung sollte ZL möglichst nahe bei Z0 liegen. Mit anderen Worten ist es ein wesentliches Ziel der Impedanzanpassung, ZL möglichst ins Zentrum des Smith-Diagramms zu bewegen.

  • Die gemessenen Werte von ZL werden in das Smith-Diagramm eingetragen, wobei Z0 immer in der Mitte bleibt.
  • Je näher die gemessenen ZL-Werte am Mittelpunkt liegen, desto besser ist die Impedanzanpassung.
  • Eine perfekte Übereinstimmung ist erreicht, wenn der aufgetragene Wert in der Mitte des Diagramms liegt.
  • Je weiter ein Punkt vom Mittelpunkt entfernt ist, desto größer ist Fehlanpassung.

Wenn eine Messlinie von ZL als Funktion der Frequenz eingezeichnet wird, ist die Last bei derjenigen Frequenz in Resonanz, bei der die Linie durch das Zentrum des Smith-Diagramms oder in dessen Nähe verläuft.

Ein Gerät ist bei der Frequenz resonant, bei der die Messlinie das Zentrum erreicht

Wirkwiderstand und Blindwiderstand im Smith-Diagramm

Die Wirkwiderstandsachse ist die einzige gerade Linie im Smith-Diagramm. Die normalisierte, rein ohmsche Quellenimpedanz wird durch die „1“ in der Mitte dargestellt und entspricht einem Stehwellenverhältnis (VSWR) von 1:1. Bewegt man sich auf der Achse nach links, nimmt der Widerstand ab. Der Rand des Kreises entspricht schließlich einem Nullwiderstand oder Kurzschluss. Bewegt man sich auf der Achse nach rechts, nimmt der Widerstand bis unendlich zu, entsprechend einem unterbrochenen Stromkreis. Punkte auf dieser Wirkwiderstandsachse haben einen rein ohmschen Widerstand ohne Blindkomponente, während Punkte auf dem Rand des Smith-Diagramms einem unendlichen VSWR entsprechen – es werden dann 100 % der Leistung reflektiert.

Die meisten Lasten weisen sowohl eine ohmsche als auch Blindkomponente auf, ihre Impedanzwerte liegen also nicht direkt auf der Wirkwiderstandsachse. Stattdessen findet sich der ohmsche Anteil einer komplexen Impedanz auf einem Wirkwiderstandskreis. Beispielsweise entspricht der Kreis, der durch die „1“ auf der Wirkwiderstandsachse läuft, einem normalisierten Widerstand von 1,0 – das heißt, jeder Punkt auf diesem Kreis hat einen normalisierten ohmschen Anteil von 1. Analog weist ein Kreis, der durch den Punkt „0,2“ auf der Wirkwiderstandsachse läuft, einen normalisierten Widerstand von 0,2 an jedem seiner Punkte auf. Um den ohmschen Anteil einer komplexen Impedanz im Smith-Diagramm zu ermitteln, folgen Sie dem entsprechenden Wirkwiderstandskreis bis zu der Stelle, an der er die horizontale Wirkwiderstandsachse schneidet.

Die normalisierten Widerstände beschreiben Wirkwiderstandskreise

Der Blindwiderstand einer Impedanz wird ebenfalls im Smith-Diagramm dargestellt. Wie bereits erwähnt, beschreibt die imaginäre oder Blindwiderstandsachse, die in einem kartesischen Koordinatensystem vertikal wäre, einen Bogen um den Umfang des Smith-Diagramms. Die Werte des normalisierten Blindwiderstands sind um den Rand des Diagramms herum angegeben und nehmen von links nach rechts zu. Analog zu den Wirkwiderstandskreisen gibt es Blindwiderstandskurven, die konstanten normalisierten Blindwiderstandswerten entsprechen. Die Punkte einer Blindwiderstandskurve haben immer den gleichen Blindwiderstand oder Imaginärteil. Die obere Hälfte des Smith-Diagramms repräsentiert positive (induktive) Blindwiderstandswerte, während die untere Hälfte negativen (kapazitiven) Blindwiderstandswerten entspricht.

Blindwiderstandsachse und Blindwiderstandskurven

Darstellung und Interpretation komplexer Impedanzen

Nachdem Sie sich mit Wirkwiderstandskreisen und Blindwiderstandskurven vertraut gemacht haben, sollte das Auftragen und Interpretieren komplexer Impedanzen im Smith-Diagramm nicht mehr schwierig sein.
Wir erläutern die Schritte zum Auftragen einer Impedanz von 100 + j75 im Detail.

  • Normalisieren Sie die Impedanz, indem Sie sowohl den Real- als auch den Imaginärteil durch Z0 dividieren. Wir gehen in diesem Fall von 50 Ohm aus. Die normalisierte Impedanz beträgt 2 + j1,5.
  • Zeichnen Sie den Wirkwiderstandskreis ein, der durch den Punkt 2 auf der Wirkwiderstandsachse läuft.
  • Zeichnen Sie die Blindwiderstandskurve ein, die die kreisförmige Impedanzachse bei 1,5 schneidet.
  • Der Punkt , an dem sich Wirkwiderstandskreis und Blindwiderstandskurve schneiden, gibt die Impedanz an.

Impedanz: Schnittpunkt von roter (Wirkwiderstandskreis) und blauer Linie (Blindwiderstandskurve)

Sie können dieses Verfahren umkehren, um aus einem Smith-Diagramm die komplexe Impedanz zu bestimmen.

  • Identifizieren Sie den Wirkwiderstandskreis, auf dem der Punkt liegt, und den Wert, bei dem der Kreis die Wirkwiderstandsachse schneidet.
  • Identifizieren Sie die Blindwiderstandskurve, auf der sich der Punkt befindet, und den Wert, bei dem die Kurve die kreisförmige Blindwiderstandsachse schneidet.
  • Multiplizieren Sie die normalisierte Impedanz mit Z0, um die tatsächliche Impedanz zu erhalten.

Ablesen der Impedanz aus einem Smith-Diagramm

Fazit

  • Das Smith-Diagramm stellt komplexe Impedanzen dar. Dabei kann es sich entweder um einzelne Punkte oder um Linien handeln, die Werte als Funktion der Frequenz darstellen.
  • Es ermöglicht die graphische statt algebraische Durchführung vieler Aufgaben, wie etwa der Impedanzanpassung.
  • Ein Smith-Diagramm besteht aus:
    • Wirkwiderstands- und Blindwiderstandsachse
    • Wirkwiderstandskreisen und Blindwiderstandskurven
  • Die Werte in einem Smith-Diagramm sind immer auf die Quellenimpedanz eines Systems normalisiert.

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