Die grundlegende Bedienung von Oszilloskopen verstehen

R&S®ESSENTIALS | Grundlagen von digitalen Oszilloskopen und Tastköpfen

Auswahl einer Nahfeldsonde

Paul Denisowski, Messtechnikexperte

Nahfeldsonden sind unverzichtbare Werkzeuge für Anwendungen in der elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) und im Hochfrequenz-(HF)-Design. Mit ihnen lassen sich elektromagnetische Felder messen und analysieren, um Emissionsquellen zu lokalisieren und so geeignete Gegenmaßnahmen zur Reduzierung von Störstrahlung (EMI) zu ermöglichen.
Nahfeldsonden klären auf, warum die durch EMV-Normen vorgegebenen Grenzwerte überschritten werden. Sie spielen weiterhin eine entscheidende Rolle für Störfestigkeitstests, mit denen sichergestellt wird, dass ein Gerät auch in einem gestörten Funkumfeld ordnungsgemäß funktioniert. Die Sonden sind in allen möglichen Formen und Größen erhältlich und unterscheiden sich hinsichtlich Empfindlichkeit, Frequenzgang und Richtcharakteristik. Wir möchten nun genauer auf Nahfeldsonden, ihre Funktionsweise, den richtigen Gebrauch und die Auswahl eines passenden Modells für Ihre Zwecke eingehen.

Grundlagen von Nahfeldsonden

Fernfeld und Nahfeld

Das Nahfeld ist der Bereich des elektromagnetischen Felds in unmittelbarer Nähe zur Strahlungsquelle. Es erstreckt sich normalerweise in einem Abstand von wenigen Zentimetern um den Prüfling. Das Fernfeld stellt entsprechend die weiter entfernte Region dar. Die Unterscheidung von Nah- und Fernfeld ist wichtig, weil die Stärke des elektrischen (E-) und magnetischen (H-) Felds entfernungsabhängig ist. Elektromagnetische Wellen weisen zwei Komponenten auf, die immer senkrecht zueinander stehen – die E- und die H-Komponente. Im Nahfeld ist jeweils entweder das E- oder das H-Feld deutlich stärker als sein Gegenpart, je nach den Eigenschaften der Emissionsquelle. Im Fernfeld sind die beiden Komponenten dagegen fast gleich groß.

Alle Signale, die im Fernfeld empfangen werden können, sind auch im Nahfeld erfassbar. Umgekehrt gilt dies jedoch nicht unbedingt.

Nahfeldsonden für EMV-Applikationen

EMI-Konformitätstests sind wichtig, um sicherzustellen, dass die Emissionen eines Prüflings relevante Grenzwerte, die etwa durch EMV-Normen vorgegeben werden, nicht überschreiten. Sie dienen zur Kontrolle, ob Ihr Gerät stärkere Strahlung aussendet, als es sollte. Bei diesem Prozess spielen Nahfeldsonden eine wesentliche Rolle. Denn mit ihrer Hilfe können die Quellen nicht konformer Emissionen des Geräts aufgespürt werden. Die Sonden ermöglichen eine frühzeitige Erkennung von EMI-Problemen und die Korrektur dieser Probleme noch vor der formellen Konformitätsprüfung. So werden Zeit und Ressourcen eingespart.

Arten von Nahfeldsonden

Bevor Sie eine Nahfeldanalyse durchführen, müssen Sie die Verteilung des E- und H-Felds kennen. Für diesen Zweck kommen zwei Typen von Nahfeldsonden in Frage: elektrische (E-Feld-) Sonden und magnetische (H-Feld-) Sonden. Sonden für elektrische Felder messen die E-Komponente einer elektromagnetischen Welle, während Magnetfeldsonden die H-Komponente bestimmen. Nahfeldsonden sind auch in praktischen Sets erhältlich. Die R&S®HZ-15 und R&S®HZ-17 Sondensätze umfassen beispielsweise beide Typen in unterschiedlichen Bauformen und Größen.

E-Feld-Sonden

Wir werfen nun einen genaueren Blick auf Sonden für elektrische Felder. Mit diesen Sonden werden nicht Ströme, sondern Spannungen erfasst, da sie konzeptbedingt auf das elektrische Feld ansprechen. Sie reagieren am empfindlichsten, wenn die Sonde senkrecht zum Strom gehalten wird. Sie müssen sich aber nicht den Kopf über die genaue Ausrichtung zerbrechen – entscheidend für die Performance ist sie nicht. Eine wesentliche Rolle spielt jedoch die Größe der Sonde. Kleinere Sonden bieten eine höhere räumliche Auflösung und erlauben daher eine präzisere Eingrenzung der störenden Strahlungsquelle. Beispielsweise kann man mit der schmalen Elektrode der RSE 10 Sonde, die in den Sondensätzen R&S®HZ-15 und R&S®HZ-17 enthalten ist, eine einzelne Leiterbahn aus einem Leiterbahnbündel von 0,2 mm Breite auswählen.

H-Feld-Sonden

Wenn Sie es mit Hochfrequenzemissionen zu haben, sollten Sie einige H-Feld-Sonden anschaffen. Sie haben die Gestalt kleiner Schleifen, die sich je nach Größe für unterschiedliche Zwecke eignen. Diese Sonden sprechen auf das Magnetfeld an und detektieren nicht die Spannung, sondern Stromänderungen. Beim Einsatz von H-Feld-Sonden ist auf die Orientierung der Schleife relativ zur Richtung des Stromflusses zu achten. Größere Schleifen bieten eine höhere Empfindlichkeit, kleinere Schleifen dafür eine bessere räumliche Auflösung. Eine gängige Vorgehensweise ist es deswegen, mit einer eher großen Schleife anzufangen und dann zur genaueren Lokalisierung auf eine kleinere umzusteigen. Entscheidend ist das richtige Gleichgewicht zwischen Empfindlichkeit und Auflösung!

Nahfeldsondensatz mit E-Feld- und H-Feld-Sonden
Nahfeldsondensatz mit E-Feld- und H-Feld-Sonden

Gebrauch von Nahfeldsonden

Handhabung von E-Feld-Sonden

Wenn Sie mit einer E-Feld-Sonde arbeiten, halten Sie sie am besten senkrecht zur Oberfläche des Prüflings. Auf diese Weise erhalten Sie die genauesten Messwerte. Um einen allgemeinen Eindruck zu gewinnen, woher die Emissionen stammen, empfiehlt es sich, zunächst eine größere Sonde einzusetzen. Im Anschluss können Sie zu einer kleineren Sonde wechseln, um einen präziseren Messwert für die Quelle zu erhalten.

Messung mit einer E-Feld-Sonde
Messung mit einer E-Feld-Sonde

Handhabung von H-Feld-Sonden

H-Feld-Sonden sind Schleifensonden und daher äußerst richtungsempfindlich. Sie sprechen am besten an, wenn die Schleife entsprechend dem Stromfluss ausgerichtet ist. Mit anderen Worten reagieren sie am stärksten, wenn die Magnetfeldlinien durch die Schleife verlaufen. Sind die Magnetfeldlinien dagegen parallel zur Ebene der Schleife, spricht die Sonde nur minimal an. Variieren Sie also bei einer H-Feld-Sonde die Ausrichtung so lange, bis die Reaktion maximal ist.

Drehen und Bewegen der Sonde, um die stärkste Reaktion zu ermitteln
Drehen und Bewegen der Sonde, um die stärkste Reaktion zu ermitteln

Worauf Sie bei einer Nahfeldsonde achten sollten

Die Auswahl der richtigen Nahfeldsonde ist wie die Suche nach der perfekten Garderobe – es kommt immer auf den Anlass an. Gehen Sie sorgfältig vor, um die für die vorliegende Anwendung optimale Sonde zu bestimmen.

  • Vergewissern Sie sich zunächst, dass die Sonde bzw. der Sondensatz mit den vorgesehenen Messgeräten – einem Spektrumanalysator, einem Oszilloskop oder beidem – kompatibel ist.
  • Entscheiden Sie, ob sowohl E-Feld- als auch H-Feld-Sonden benötigt werden. Sonden werden in der Regel nicht einzeln, sondern in Sets verkauft. Stellen Sie sicher, dass das Set den von Ihnen benötigten Sondentyp enthält.
  • Beachten Sie den Frequenzbereich der Signale, um die es geht. In den technischen Daten von Nahfeldsonden sind die jeweiligen Frequenzbereiche aufgeführt – vergewissern Sie sich anhand dieser Angaben, dass Sie eine für das vorliegende Signal geeigneter Sonde auswählen. Wenn Sie mit Signalen in einem weiten Frequenzbereich arbeiten, empfiehlt sich ein Set mit vielen Sonden, die jeweils für einen bestimmten Frequenzbereich optimiert sind.
  • Berücksichtigen Sie die gewünschte räumliche Auflösung. Davon hängt ab, mit welcher Genauigkeit der Ausgangspunkt einer Störemission bestimmt werden kann. Komplexe Geräte enthalten häufig mehrere Emissionsquellen in unmittelbarer Nähe voneinander. In solchen Fällen wird eine hohe räumliche Auflösung benötigt, um die einzelnen Quellen sauber zu trennen und ihren jeweiligen Beitrag messen zu können. Eine hohe räumliche Auflösung ist grundsätzlich wünschenswert, jedoch nicht immer erforderlich. Geht es beispielsweise bei einem EMV-Test vornehmlich darum, ob ein Gerät zu viel Strahlung abgibt, während die genaue Quelle nicht von Belang ist, kann eine Sonde mit niedrigerer Auflösung vollkommen ausreichen.
  • Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Empfindlichkeit einer Sonde. Schwache Signale können nur mit hochempfindlichen Sonden erfasst werden.
  • Zuletzt ist noch zu entscheiden, ob eine passive oder aktive Sonde benötigt wird. Die meisten Nahfeldsonden sind passiv. Sie benötigen daher keine externe Stromversorgung. Passive Sonden sind meistens robuster und kostengünstiger als aktive Modelle. Aktive Sonden bieten jedoch eine höhere Bandbreitenleistung. Für Oszilloskope mit einer Bandbreite von über 500 MHz empfehlen sich aktive Sonden. Auf unserer Website finden Sie eine umfangreiche Palette aktiver Breitbandtastköpfe.

Umgang mit einem niedrigen Signal-Rausch-Verhältnis (SNR)

Nachdem Sie nun die für Ihre Zwecke optimale Nahfeldsonde gefunden haben, ist ein Problem zu bedenken, das in der Praxis gängig ist: ein niedriges Signal-Rausch-Verhältnis (SNR). Hier kommt der Vorverstärker ins Spiel.

Dieser kann zwischen der Sonde und dem Eingang des Messgeräts angeschlossen werden. Seine Aufgabe ist es, Signale zu verstärken, damit sie leichter zu messen sind. Der Einsatz eines Vorverstärkers ist insbesondere bei der Suche nach schwächeren Emissionen und bei starkem Geräterauschen ratsam. Auch bei Verwendung kleinerer H-Feld-Sonden kann ein Vorverstärker notwendig sind, da diese, wie oben erläutert, zwar eine höhere räumliche Auflösung bieten, aber bei der Empfindlichkeit schlechter abschneiden.

Hohes und niedriges Signal-Rausch-Verhältnis
Hohes und niedriges Signal-Rausch-Verhältnis

Fazit

  • Das Nahfeld ist derjenige Bereich des elektromagnetischen Felds, der sich in der Nähe der Emissionsquelle befindet.
  • Nahfeldsonden werden zum Erkennen und Messen elektromagnetischer Emissionen von elektronischen Geräten verwendet.
  • Es gibt zwei Arten von Nahfeldsonden: E-Feld- und H-Feld-Sonden.
  • E-Feld-Sonden sollten senkrecht zur Leiteroberfläche gehalten werden; H-Feld-Sonden sollten so ausgerichtet sein, dass die Magnetfeldlinien durch die Schleife verlaufen.
  • Bei der Auswahl einer Nahfeldsonde sind verschiedene Aspekte von Bedeutung: Kompatibilität, Typ, räumliche Auflösung, Empfindlichkeit und Bandbreite des Messgeräts (z. B. Oszilloskop).
  • Zur Abhilfe bei niedrigem SNR kann ein Vorverstärker eingesetzt werden.

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