Der erste Schritt bei der Wahl des richtigen Tastkopfes ist die Analyse der Messaufgabe: Ist die zu prüfende Schaltung mit Masse verbunden (d. h., wird ein massebezogener oder ein differenzieller Tastkopf benötigt)? Was ist die maximal mögliche Frequenz des Signals (welche Bandbreite ist erforderlich)? Welche maximalen Eingangsspannungen können auftreten?
Differenzielle oder massebezogene Messung
Differenzielle Tastköpfe werden benötigt, wenn die zu prüfende Schaltung nicht mit Masse verbunden ist, um z. B. Spannungsmessungen an Schaltnetzteilen oder störungsarme Messungen an differenziell geführten Signalen durchzuführen. Es gibt zwar keinen physikalischen Grund, einen differenziellen Tastkopf nicht an einem mit Masse verbundenen Schaltkreis zu verwenden. In diesem Fall schlagen sich massebezogene Modelle jedoch besser: Sie bieten eine höhere Eingangsimpedanz, eine geringere Eingangskapazität und einen größeren Dynamikbereich.
Bandbreite und Anstiegszeit
Die Bandbreite ist einer der wichtigsten Parameter bei der Wahl des passenden Tastkopfs. Von ihr hängt die effektive maximale Frequenz ab, die mit dem Tastkopf genau gemessen werden kann. Ab dieser Grenzfrequenz wird ein Signal um mehr als 3 dB (ca. 30 %) schwächer dargestellt, als es tatsächlich ist. Für eine wirklichkeitsgetreue Signaldarstellung muss die Maximalfrequenz sowohl des Oszilloskops als auch des Tastkopfs deutlich größer als die höchste zu messende Frequenz sein. Bei Messungen an digitalen Signalen sollte die Messbandbreite 3- bis 5-mal größer als die Taktrate sein. Zur Fehlersuche in digitalen Designs reicht eine 3-mal größere Bandbreite aus; bei Konformitätstests digitaler Schnittstellen muss die Bandbreite 5-mal größer als die Taktrate sein.
Für die Messung schnell ansteigender Signale (die auf dem Oszilloskop-Display mit steilen Flanken erscheinen), wie bei der Charakterisierung von Schaltnetzteilen, ist die Anstiegszeit von Oszilloskop und Tastkopf entscheidend. Für eine genaue Messung sollte die Anstiegszeit um einen Faktor 3 bis 5 kleiner als die Anstiegszeit des zu messenden Impulses sein.
Dynamikbereich
Der Aussteuerbereich eines Tastkopfes ist definiert als maximal messbare Eingangsspannung. Er ist für Gleichspannung spezifiziert und reduziert sich oft mit zunehmender Frequenz. Bei differenziellen Tastköpfen wird zusätzlich zwischen Gleichtakt- und Differenzaussteuerbereich unterschieden. Der Gleichtaktaussteuerbereich bestimmt den gültigen Eingangsspannungsbereich eines einzelnen Differenzeingangs gemessen in Bezug auf Masse. Der Differenzaussteuerbereich definiert die maximal messbare Eingangsdifferenzspannung.
Um Signale mit großen Amplituden und schnellen Anstiegs-/Abfallzeiten präzise messen zu können, muss bei hohen Messfrequenzen ein ausreichend großer Aussteuerbereich nutzbar sein. Bei der Messung der Restwelligkeit von DC-Schaltnetzteilen sind zusätzlich sehr kleine Signale mit hohem Gleichspannungsanteil zu messen. Um die volle A/D-Wandler-Auflösung verfügbar zu haben, bieten moderne Tastköpfe die Möglichkeit, einen Gleichspannungsoffset einzuspeisen.
Bei Hochspannungstastköpfen steht die Anwendersicherheit im Vordergrund. Hochspannungstastköpfe werden daher mit spezieller Isolierung und weiteren Schutzmechanismen versehen, um vor versehentlicher Berührung zu schützen. Diese Tastköpfe sind durch die maximale Spannung gegen Masse und die Messkategorie charakterisiert. Die Messkategorie definiert, in welchen Messumgebungen die Sicherheit für den Anwender gegeben ist. Der Tastkopf darf also nur in den für ihn definierten Messkategorien eingesetzt werden.
Belastung des Messobjektes
Ein Messsystem darf die zu messende Schaltung nicht belasten, um verfälschte Signale zu verhindern und die Funktionsweise des Messobjektes nicht zu beeinträchtigen. Entscheidend sind ein hoher Eingangswiderstand und eine geringe Eingangskapazität des Tastkopfes. Die resultierende Eingangsimpedanz ist stark frequenzabhängig und beträgt bei der Grenzfrequenz des Tastkopfes typischerweise weniger als 500 Ω.
Passive Tastköpfe haben typischerweise einen Eingangswiderstand von 10 MΩ bei einer Eingangskapazität von über 10 pF. Aktive Tastköpfe haben typischerweise eine Eingangskapazität von 1 pF. Bei der Messung ist die Wahl des Tastkopfzubehörs zur Kontaktierung mit dem Testobjekt entscheidend. Lange Pins und Kabel erhöhen Kapazität und Induktivität, verringern die maximale Messbandbreite und führen zu übermäßigem Überschwingen und Nachschwingen an Pulsflanken.
Erweiterte Funktionen und Tastkopfzubehör
Neben den Leistungsparametern sind die Zusatzfunktionen des Tastkopfs zur Vereinfachung der täglichen Arbeit zu berücksichtigen. Viele aktive Tastköpfe von Rohde & Schwarz enthalten beispielsweise ein in den Tastkopf integriertes, digitales Voltmeter oder einen Mikrotaster. Mit dem Voltmeter können Sie die Spannung überprüfen, ohne Zeit durch Umstecken zu verlieren. Der Mikrotaster kann für die direkte Steuerung des Oszilloskops über den Tastkopf konfiguriert werden.
Vielfältiges Zubehör bietet Flexibilität bei der Testpunkt‐Kontaktierung, erleichtert die tägliche Arbeit und hilft, Messfehler zu vermeiden. Dazu zählen starre oder gefederte Tastkopfspitzen, Browser, Adapter und Verlängerungskabel. Rohde & Schwarz bietet für alle Tastköpfe umfangreiches Zubehör.