Alles über Precompliance-Tests
Der unverzichtbare Test vor dem Test
Um zu verhindern, dass EMV-Probleme viel zu spät, etwa während der Produktzertifizierung, erkannt werden, sollte man das Thema EMV bereits frühzeitig in Design-Reviews miteinbeziehen, im Rahmen der EMI-Fehlersucheaktiv Störaussendungen auf Platinen- oder Komponentenebene aufspüren und beheben und anschließend Precompliance-Tests am fertig montierten Produkt durchführen. Dabei sind ein Messaufbau und Testverfahren, die reduzierte Versionen des finalen Konformitätstests darstellen, der beste Weg, um gültige und zuverlässige Messergebnisse zu erhalten, die den Messungen in einem zertifizierten Prüflabor entsprechen.
Für Precompliance-Tests gibt es keinen definierten Messaufbau; es wird dabei immer die Umgebung des finalen Konformitätstests nachgebildet. Precompliance-Tests lassen sich einfach an individuelle Anforderungen anpassen, da sie nicht an bestimmte Vorgaben gebunden sind. Damit werden schnelle und kostengünstige Messungen möglich. In manchen Fällen ist schnelles Testen entscheidend, in anderen sind maximale Genauigkeit und Zuverlässigkeit gefordert. Die Testumgebungen unterscheiden sich stark, je nachdem, ob leitungsgebundene oder gestrahlte Störaussendungen gemessen werden sollen.
Erstere lassen sich mit sehr geringem Aufwand messen; erforderlich sind nur eine geeignete Netznachbildung oder eine Stromzange bzw. ein Spannungstastkopf. Komplizierter verhält es sich bei gestrahlten Störaussendungen, da bei diesen Messungen ein minimaler Abstand von mehreren Metern zwischen der Antenne und dem Messobjekt erforderlich ist und externe Störgrößen das Messergebnis beeinflussen können. Falls keine geeignete Schirm- oder Halbabsorberkammer zur Verfügung steht (was häufig der Fall ist), so kann die Messung auch in einer elektromagnetisch „ruhigen“ Zone innerhalb eines Gebäudes oder – noch besser – im Freien durchgeführt werden, da es hier weniger Objekte gibt, die Aussendungen reflektieren können. Dabei wird zunächst das umgebende Spektrum mit einem Spektrumanalysator gemessen, um den Einfluss von Störaussendungen aus der Umgebung auf das Testergebnis zu minimieren.
Eine weitere Möglichkeit ist die Verwendung einer GTEM-Zelle (Gigahertz Transverse Electromagnetic Cell), die das Messobjekt gegen Einflüsse von außen isoliert und Reflexionen dämpft. GTEM-Zellen sind wesentlich kompakter und somit kostengünstiger als Absorberkammern.
Der Messaufbau kann mit weiteren Komponenten ergänzt werden, z. B. mit Netzfiltern, Trenntransformatoren, Abschirmelementen oder Absorberkegeln, um die Testumgebung individuell an den jeweiligen Zweck anzupassen und zu optimieren.
Die Testumgebung für elektromagnetische Störfestigkeit (Electromagnetic Susceptibility, EMS) entspricht weitgehend der für finale Konformitätstests geforderten Umgebung. Da die Erzeugung starker elektromagnetischer Felder Auflagen unterliegt, ist hier eine abgeschirmte Umgebung unerlässlich. Somit kann es sich als schwierig erweisen, diese Tests im Rahmen einer Precompliance-Prüfung durchzuführen.